Wenn ich ein Virus wär‘

Vorwort

Achtung: Diese kleine Geschichte ist frei erfunden. Die Lebewesen darin können weder denken, sprechen oder sich selbstständig bewegen. Die Personen darin würden sich auch nie so fahrlässig verhalten, denn das verbietet schon der gesunde Menschenverstand.

Wer sich in seinem Verhalten allerdings darin auch nur zum Teil wiederfindet, sollte letzteren vielleicht schnellstmöglich einschalten.

Meine Gedanken sind bei alle denen, die in dieser Krise leiden müssen und Angst um sich, um Ihre Lieben, Ihre Eltern oder Großeltern haben.

Viel Spaß beim Lesen.

Roland aus Friemersheim.

________________________________________

Wenn ich ein Virus wär‘, …..

…. dann würde ich sicher um mein Überleben kämpfen!

Das ist leider gerade in Gefahr, da mich jemand auf dem Handgriff eines Einkaufswagens zurückgelassen hat.  In ein paar Stunden wäre es aus mit mir, zumal gerade der Himmel aufreißt und die pralle Sonne auf den Kunststoffgriff scheint. Wärme mag ich nicht!

Doch da kommt ein neuer Mensch, und da die zuletzt eingestellten Wagen auch wieder als Erste genommen werden, bin ich froh, wieder unterwegs zu sein.

Das Grauen wartet allerdings direkt an der Eingangstür des Supermarktes: Auf einem Stehtisch steht eine Flasche mit meinem Todfeind, der Desinfektionslösung für die Hände.

Ein Glück: Unser Mensch ignoriert Flasche und Hinweisschild und schiebt uns vorbei in den gemütlichen Markt. 

Ich beschließe, zusammen mit ein paar Nachbarn auf die Hand unseres Chauffeurs umzusiedeln. Hier wird es schon eng! Offenbar liegt das letzte Händewaschen schon lange zurück. 

Die Hand geht von Regal zu Regal. Artikel werden angefasst, und manchmal wieder zurückgestellt. Hier verliere ich viele meiner neuen Freunde und rufe Ihnen zu: Na, der nächste Kunde kommt bestimmt und nimmt Euch mit.

Mein Hand-Taxi kommt nun zur Kühltheke. Nein, nicht die Tiefkühltruhe, sondern die offene Theke mit Wurst, Käse und Milchprodukten. Ha, diese Temperatur mag ich, und die Oberfläche dieser Verpackungen ganz besonders. Ich habe eine fettige Haut, und so kann ich diese glatten Oberflächen richtig schön beschmieren.

Ich entscheide mich, mich auf einer Packung Toast-Scheibletten niederzulassen, bereue es aber schnell, da diese wohl gerade erst eingeräumt wurde, und ich bin allein.

Da liege ich nun tief im Einkaufswagen. Ab und zu kommt die Salamipackung vorbei geschmiert, und ich höre, dass es den Passagieren dort ähnlich geht.

Ist das schon das Ende ?

Nein: Wenige Minuten später, meine Haut wurde schon ganz faltig, greift unser Hand-Taxi wieder in den Wagen und legt Käse, Salami und die anderen Taxis auf ein großes Förderband. Party! Ich traue meinen Augen nicht, wie viele Freunde sich schon auf dem Förderband niedergelassen haben. Einige beschmieren das Band und Fahren wohl die nächste Stunde kostenlos Karussell. Ist ja wie im Freizeitpark hier!

Ich schaffe leider den Absprung nicht, bekomme aber viele neue Freunde, denen wohl vom Karussellfahren schon schwindlig ist. Sie kommen auf einen Schmierer vorbei und setzen sich neben mich. Hoffentlich übergeben die sich nicht auf meiner schönen Käsepackung!

Ein Lichtblitz schreckt uns auf. Sonne? Nein, es ist der Laser der Scanner Kasse. Die Glasscheibe darauf sieht leider recht sauber aus. Ich blicke auf die Kassiererin und Ihre Hände.Sie trägt Latexhandschuhe, und ich denke mir leise: „Die Glasscheibe wird geputzt, doch das Band hast Du vergessen.“

Einige nutzen die Oberfläche Ihrer Handschuhe noch als schnelle Umsteigemöglichkeit. 

Der Rest von Uns landet wieder im Einkaufswagen. Ein kurzer Blick in die Runde zeigt mir, dass nun so gut wie keine Verpackung hier unbesiedelt ist. Die Packungen, die bisher noch verwaist waren, sind spätestens im Freizeitpark neu besetzt worden. 

Wir kommen schnell in eine Tasche, und es wird dunkel. Die Brötchen-Tüte nebenan wärmt mein Käse-Taxi. Ich versuche, mich mit den Bewohnern darauf zu unterhalten, doch die Stimmen darauf werden immer leiser. Offenbar ist das Papier kein guter Sitzplatz für unsereinen.

Es rumpelt leicht. Offenbar stellt unser Kunde den Einkaufswagen wieder zurück. Ich höre vom Handgriff noch einige meiner alten Freunde rufen: „Taxi!“. 

Der nächste Kunde wartet schon.

Für uns auf dem Käse beginnt eine beschwerliche Fahrt. Der PKW heizt sich in der Sonne auf, doch wie bestellt hat sich eine Pizzapackung neben uns gesetzt. Tasche mit Klimaanlage – Klasse!

Wieder rumpelt es, und ich sehe durch einen Schlitz die Decke eines Hausflurs.

Die Tasche wird abgestellt, unser Mensch klingelt an der Tür und sagt etwas wie: 

„Gern geschehen. Bis nächste Woche. Bleiben Sie gesund und lassen sich nicht anstecken!“

Aus meiner Tasche kommt ein lautes Gegröle.

Ich schließe meine Augen und drücke meine vielen Daumen: Wenn unser neuer Mensch jetzt unser Käse-Taxi in die Hand nimmt, zufällig das Händewaschen vergisst und sich man kurz die Nase reibt, haben wir es ….

… geschafft!   Zuhause!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert